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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 08.06.2000
Aktenzeichen: 2 VAs 9/00
Rechtsgebiete: EGGVG, StPO
Vorschriften:
EGGVG § 23 ff | |
StPO § 147 II |
Die Versagung der Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft ist auch bei längerer Verfahrensdauer dann nicht nach §§ 23 ff. EGGVG überprüfbar, wenn der Beschuldigte flüchtig ist.
Geschäftsnummer: 2 VAs 9/00 8004 Js 1393/83 StA Trier
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS
In dem Ermittlungsverfahren
gegen
H.
- Verteidiger: Rechtsanwalt W. -
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz hier: Antrag des Verteidigers auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG (Akteneinsicht)
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Vonnahme sowie die Richter am Oberlandesgericht Mertens und Henrich
am 8. Juni 2000 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Verteidigers Rechtsanwalt W. auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig auf seine Kosten verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 500 DM festgesetzt.
Gründe:
Das Amtsgericht Trier hat gegen den Beschuldigten, der flüchtig ist, am 30. März 1983 Haftbefehl erlassen. Der Verteidiger des Beschuldigten hat mehrfach, erstmals mit Schreiben vom 9. August 1996, zuletzt mit Schreiben vom 27. Januar 2000, Akteneinsicht beantragt. Die Staatsanwaltschaft hat die Gesuche allesamt unter Hinweis auf § 147 Abs. 2 StPO zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag des Verteidigers auf gerichtliche Entscheidung vom 26. April 2000, mit dem er Gewährung von Akteneinsicht beantragt.
Der Antrag hat keinen Erfolg; er ist unzulässig. Nach gefestigter Rechtsprechung, die auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht unbedenklich ist (BVerfG NJW 1994, 3219; 1985, 1019), sind Entscheidungen der Staatsanwaltschaft über die Akteneinsicht Verfahrensbeteiligter im Ermittlungsverfahren keine Justizverwaltungsakte, sondern Prozesshandlungen, deren gerichtliche Nachprüfung ausschließlich der Staatsanwaltschaft übertragenen Aufgaben tangieren würde (Senat, Beschlüsse vom 22. Dezember 1998 - 2 VAs 14/98 -, vom 10. Juni 1998 - 2 VAs 6/98 - und vom 29. Januar 1996 - 2 VAs 29/95 -; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 147 Rdnr. 39 mit zahlreichen Nachweisen). Gegen die Versagung der Akteneinsicht während eines Ermittlungsverfahrens steht daher nicht der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG, sondern lediglich die Dienstaufsichtsbeschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zur Verfügung (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.0.). Ob hiervon im Einzelfall bei einer überlangen Verfahrensdauer eine Ausnahme zu machen ist, um dem Anspruch des Beschuldigten auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu genügen (vgl. OLG Hamm, NStE Nr. 13 zu § 23 EGGVG), mag offen bleiben. Denn dem flüchtigen Beschuldigten steht ein Anspruch auf Akteneinsicht nicht zu, sein Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist durch die für die Anordnung der Untersuchungshaft geltenden Verfahrensvorschriften gewahrt (Beschluss des OLG Koblenz vom 8. Januar 1998 - 1 Ws 13/98 -). Im Falle seiner Festnahme ist er unverzüglich über den Gegenstand der Beschuldigung durch einen Richter zu vernehmen und hierbei auf die ihn belastenden Umstände hinzuweisen (§§ 115 Abs. 1 bis 3, 115 a StPO). Dies setzt eine hinreichend substantiierte Bekanntgabe des Vorwurfs und der gegen den Beschuldigten sprechenden Gründe voraus, die ihm die Gelegenheit eröffnet, die Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen (§ 115 Abs. 3 Satz 2 StPO). Damit ist sowohl dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art. 103 Abs. 1 GG als auch den Erfordernissen eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG hinreichend Rechnung getragen (OLG Koblenz, a.a.0.; BVerfG, NStZ-RR 1998, 108).
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist danach als unzulässig zu verwerfen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 30 EGGVG, 2, 3, 30 KostO.
Ende der Entscheidung
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